Schach - Spieltag 4

 

Tja, was soll man dazu sagen, was soll man davon halten? Bedenkt man die letzten Partien gegen Burgsinn, hätte ich vor Wettkampfbeginn gesagt, ein 4:4 wäre fein. Betrachtet man den augenblicklichen Tabellenstand beider Mannschaften und die Aufstellung, mit der wir angetreten sind, war Verlieren zumindest absolut verboten und ein Sieg wahrlich möglich. Dass dann auch noch ich derjenige welcher ist, der aus dem möglichen – und auch verdienten – Sieg ein Mannschaftsremis macht, weil eine prinzipiell unverlierbare Partie genau durch jenes „beliebte“ Fingerspiel, den zweiten vor dem ersten Zug auszuführen, verliere, ärgert mich ganz besonders; auch noch viele Tage später…..Aber jetzt zum Rapport! Nur, wo fängt man an? Wo beginnt man, wenn man (bestenfalls im Nachgang) versteht? Der werte Leser will gefesselt sein von Beginn an, sonst legt er die Lektüre nach nur wenigen Zeilen beiseite. Das gilt es, zu vermeiden. Also her mit dem Paukenschlag, einem fesselnden, durchdringenden, den Leser magisch in den Bericht hinein ziehenden…

Aber modern soll es auch geschrieben sein, also beginnen wir mit Sebastians Gegner, der sich auf äußerst moderne Art und Weise gegen Sebastians Aufbau e4, d4, c3 und Sf3 mittels d6, g6, Lg7 und Sf6 verteidigt. Warum Du auch immer, Sebastian, d4-d5 ziehst. Hast Du gerochen, dass Herr Gutermuth wirklich Sf6xe4 zieht und Dd1-a4+ nebst Da4xSe4 übersieht? Jedenfalls ist Sebastians Partie für ihn bereits im 7. Zug gewonnen. Das wird gar kein Problem mehr, nicht wahr, Sebastian? Dann kann ich mich ja den anderen Brettern zuwenden, bei Dir brauch ich nix mehr guggen; in Bälde wird Dein Gegner die Waffen und Hände strecken….

Also einer wirklich spannenden Partie zugewandt….. Vor Christians Auge eröffnet sich eine offenes italienisches Schlachtengemälde gegen einen Herold auf Seiten der Burgsinner Burg - mit feinen Facetten auf beiden Seiten, Hieb- und Stichwunden erleiden aber nicht beide, sondern nur einer von beiden, der Herold, der gegnerische… Und das ganz ohne Not. Die Stellung ist ja sowas von offen. Kein vorhandener Bauer auf den Zentrumslinien nutzt Christian die Chance, mittels Ta1-d1 die soeben nach d7 gerutschte Königin zu verjagen. Auf f5 fände sie ein passables Feld, fern von Angriffen jeglicher nerviger Art. Aber wie sagt schon ein alter kluger Bauern: „Wird’s dem Esel zu wohl, rutscht er auf’s Eis!“. So auch in diesem Bespiel. Nicht f5 sondern g4 ist das auserwählte Fluchtfeld – sogar mit einer Mattdrohung gegen g2. Also, wad mudd, dad mudd, sagt sich der Christian und tauscht auf g4 die Damen, um sich dann anschließend zu sagen: „Wer ko, der ko!“ und mechd, was er mog. Le5xg7 mit Angriff auf Tf8 nebst dem durch diesen Abzug freigelegten Angriff auf den ungeschützten Läufer auf e7 durch den Turm auf e1, der in diesem Moment eine Kanonenkugel tief ins schwarze Herz jagt. Aber es ist „nur“ ein Bauer mehr, aber immerhin hat er damit einen Bauern mehr mehr als auf dem nächsten Brett ersichtlich für uns ist.

Wie bekannt sein dürfte, hatte ich schon öfters das Vergnügen, mich in Schottland aufzuhalten. Auch sind mir da schon einige der prächtigsten Hirsche vor die fotografische Flinte gelaufen. Aber das schottische Vierhirschespiel (Irgendjemand hat es wohl dann extra für die Schachwelt in das schottische Vierspringerspiel umgetauft!) hatte ich leider noch nicht das Vergnügen, in Natura verfolgen  zu können. Aber Hanns-Rainer kennt sich da anscheinend aus, hat er es doch in Burgsinn ausgewählt.  Und solange alle vier Hirsche, äh Springer, auf der Wiese grasen können, ist auch alles gut. Aber das Schicksal nimmt seinen Lauf, als Hanns-Rainers erster Hirsch (Hanns-Rainer, Du verzeihst mir die Wortspielerei, aber sie bietet sich einfach gerade an ) ins Gras beißt, die Dame ihn verteidigen muss, dann wieder durch Sc3-d5 herumgejagt wird und Weiß damit droht, mittels c2-c3, d3-d4 die absolute Kontrolle im Zentrum zu erlangen. Solch einen Revierkampf gewinnt man nicht, indem man sich zurückzieht – leider. E5xd4 c3xd4 nebst Lc5-b4+ mit nachfolgendem Offiziersabtausch, und man begibt sich in ruhige seichte Gewässer – da ertrinkt dann kein Hirsch mehr. Aber des Läufers Rückzug nach a7 ist auf Grund des damit verbundenen Bauernverlustes auf e5 des Endes Anfang. Aber es ist nur ein Bauer weniger, da wird noch gekämpft!

Herbert begibt sich wieder einmal hinein in ein weiteres sizilianisches Abenteuer. Ob Herbert die Sozin- und Richter/Rauser-Variante beherrscht, sei dahin gestellt; jedenfalls beherrscht er die Abweichung von ebenjener Variante sehr gut, denn bis hinein ins Mittelspiel läuft alles gut für ihn. Dann lässt er sich jedoch von dem forsch nach vorne rutschenden h-Bauern unnötigerweise verleiten, seinen rochierten Turm wieder auf h8 zurück zu fahren. Was nach h5-h6+ dazu führt, dass sein Kf8 ebenjenen Turm quasi gefangen hält. Aber das ist nicht weiter tragisch. Was sich als viel tragischer herausstellen wird, ist, dass Herbert leider viel zu oft das taktische Motiv der Fesselung übersieht, falsch einschätzt oder einfach nicht ausnützt. Da steht ein so scheinbar unangreifbarer Bauer wie ein schottischer Basaltstein auf d5 und ist von Läufer und Dame beschützt! Ist er aber nicht! Denn auf dem Schachbrett gilt eben nicht jene Kinderweisheit: „Geschenkt ist geschenkt! Wiederholen ist gestohlen!“ Einfach raus mit dem Bauern durch Lb7xd5. Der Rückschlag Le4xd5 führte zum Vernichtungsschlag Tc4xTh4!

Eine positionelle Figurenschieberei ist wieder an Brett 1 bei Thomas zu bewundern. Thomas dürfte sich von Anfang bis zum Ende wohl gefühlt haben, spielt doch sein Gegner Thomas‘ Lieblingsaufbau in einer Damenbauereröffnung  mehr oder weniger voll mit. Endgültig ein leises Strahlen auf Thomas‘ Backen ist zu erkennen, als Schwarz mittels c7-c5, gefolgt von c5-c4 den Druck von Thomas‘ d4-Bauern nimmt, Thomas mehr oder weniger wie von selbst zu e3-e4 kommt und letztendlich mit diesem Helden auf d4 das Zentrum in Besitz nimmt. Diese Inbesitznahme wird durch sein filigranes Ross auf e5 noch manifestiert. Das schaut schon gut aus, aber ein Siegesgarant ist es (noch) nicht.

Sergey hat eine neue Liebe entdeckt – das angenommene Damengambit – versehen mit einem äußersten Verteidigungswillen dieses wundervollen und prächtigen Mehrbauern. Und er schafft es sogar nicht nur, diesen Bauern wirklich zu manifestieren, sondern auch sich eine solide Ausgangsbasis für das Endspiel zu schaffen. Sollten sich die leichten und schweren Figuren gegenseitig eliminieren, bliebe am Ende auf dem Damenflügel eine Bauernmajorität von 3 Sergey’schen gegen 1 kümmerlichen weißen Bauern übrig – gute Aussichten also!

Michael sieht sich mit der steinitz’schen Variante der spanischen Eröffnung konfrontiert. Eine solide Variante für Schwarz, doch könnte Michael mit etwas mehr Schwung die Eröffnungsphase statt mit b2-b4 lieber mit d2-d4 forcieren, um seinen Damenläufer zu aktivieren und auch so mehr Kontrolle über das Zentrum zu erlangen. Der Springeraushüpfer nach g5 mit Gardé gegen De6 ist zwar eine ansehnliche Idee, doch offenbart h7-h6 mit der anschließenden Konzentrierung der schwarzen Armada durch Ta8-e8 die langsam heraufziehende Wucht des schwarzen kombinierten Figurenspiels.

Meinen Gegner kann ich mit meiner Lieblingsvariante in der englischen Eröffnung anscheinend recht überraschen, hat er doch schon nach 5 Zügen ca. 30 Minuten überlegen müssen. Allerdings überrascht er mich dann im 3. Zug mit e2-e4 und im 6. Zug gar mit g2-g4, um den eroberten Gambitmehrbauern auf f5 ganz im Sergey’schen Stil zu verteidigen. Also kurze Rochade wird er wohl nicht mehr präsentieren. Allerdings fällt es mir auch schwer, diesen Zug, als falsch unter Beweis zu stellen. Vielleicht war meine Eröffnungsvariante/-strategie zu forsch. Jedenfalls gelingt es mir genauso wenig, dem unrochierten weißen König wirklich gefährlich nahe zu kommen, wie mein Figurenspiel so zu aktivieren, dass ich wirkliche Drohungen in den Raum stellen kann. Also mit einem Sieg, das wird schwer. Aber verlieren sollte ich es auch nicht.

Seltsam; jetzt hab ich mich an allen anderen Brettern umgesehen, aber da hätte doch längst jemand gewinnen müssen. Sebastian hatte doch ein ganzes edles Ross mehr auf dem Schlachtfeld als sein quasi besiegter Gegner. Muss ich wohl doch nochmal nachsehen… Huch, was ist denn da los? Das sieht ja gar nicht mehr so sexy aus. Irgendwie beherrscht Schwarz trotz Figurennachteils das Geschehen, lassen wir mal eine latente Mattdrohung Sebastians auf der 7. Reihe außer Acht. Jetzt hat der böse Herr Gutermuth auch noch einen zweiten Bauern gegen die edle, aber noch im Stall (auf h1) verharrende Mehrfigur zurück erobert. Und das alles nur, weil nach dem ruhmreichen, weil gewieften, Figurengewinn durch Sebastian dessen König nicht schnell genug in Sicherheit gebracht worden werden konnte. Statt Sb1-c3 in diesem ausnähmlichen Fall Lc1-e3 (ich weiß, in Lengfeld wird gepredigt, grundsätzlich den Springer vor dem Läufer zu entwickeln, aber was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? Und außerdem: Ausnahmen bestätigen die Regel…. ) gezogen, dann wäre das Sc5-d3+ nicht ohne weiteres möglich gewesen und der weiße Zauberer (äh König) hätte noch rochieren können. Aber so isses nun mal so gekommen, wie es gekommen ist… Sebastian steckt bisl in der Zwickmühle, weil sein Turm auf h1 keinen schwenkbaren Turm sondern eher eine Immobilie darstellt. Gefangen durch den eigenen Monarchen auf g1,  müssen es nun die anderen Mitstreiter richten. Und der gute Herr Gutermuth, der wohl Oberwasser riecht. Turmverdoppelung auf der a-Linie unterstützt durch den Läufer auf c4. Da will jemand Jagd auf Sebastians Dame oder König machen, je nachdem, was sich leichter erlegen lässt. Die Dame auf d7 schützt hinreichend den eigenen Monarchen auf g8. Denkt man; der Läufer auf h6 ist zwar etwas lästig, aber ohne Unterstützung auch hilflos... Da kann man als Schwarzer ja sogar noch einen Läufer auf d5 opfern, um dann auf der Grundlinie matt zu setzen. Doch das ist einer des Schlechten zu viel Herr Gutermuth! Mit mir nicht, ruft Sebastian ihm laut(los) zu, und unterbindet jegliche weiteren Angriffsmanöver durch Sf3-e1 und setzt zugsdarauf seine Dame auf die e-Linie, worauf Schwarz nun seinen Freibauern auf der b-Linie ins Sputen kommen lässt. „Lauf, Forrest, lauf!“ Äh, so einfach geht das aber nicht: Td5-b5 nimmt jenen Forrest, äh Bauern, von hinten ins Visier. Das ist das offensichtliche Manöver. Und nur das erkennt Herr Gutermuth. Ta2-a3 mit Gardé ist eine logische Schlussfolgerung im ersten Moment. Und eine total widersinnige im zweiten Moment: Tb5-b8+ zieht die sofortige Aufgabe nach sich. Jetzt hat er es auch gesehen, der gute Herr Gutermuth, das Matt in zwei weiteren Zügen - 0:1

 

Christian fährt derweil den zweiten Punkt für uns ein. Was es doch ausmachen kann, falls man grundsätzliche Schachphilosophien umsetzt. Türme gehören nicht auf geschlossene Linien, sie gehören nicht auf halboffene, sie gehören auf offene Linien, falls sie denn vorhanden sind. Und falls auf diesen Linien auch noch ungeschützte gegnerische Figuren sich befinden, dann erst recht. Davon profitiert Christian in demonstrativer Anschaulichkeit. Der schwarze Bauernriegel vor dem schwarzen Monarchen ist durch den Verlust auf g7 ausgelutscht und untauglich und Christian, der Schlingel, nutzt das schamlos aus. Springerschach auf f6 verleitet Schwarz zum endgültigen und beschleunigten Gang ins Reich der Niederlage. Nach dem Springertausch ist es angebracht, den bedrohten und ungeschützten Läufer auf d6 schnell heim zu holen. Aber nein, Schwarz will ja noch bisl mitspielen und sich nicht hin- und her schubsen lassen. Also Te8-e6, um die e-Linie nicht ganz herzugeben. Schon wieder ein Fall von „Denkste“! Te1xTe6, f7xTe6 und Td1xLd6 für nix und nimmernix und der schwarze Herold benötigt noch einige wenige Züge, um die Aussichtslosigkeit seiner Position zu verdauen. Es steht 0:2.

Mal guggen, was in der Zwischenzeit in den schottischen Highlands dargeboten wird. Herrje, da steht inmitten der schwarzen Stellung so eine Bauernphalanx auf e5 und d5 und ist nicht zu knacken. Hanns-Rainer hechelt dem ihn herumjagenden Gegner Zug um Zug hinterher, kann aber kaum auch nur einen Grashalm Boden gutmachen. Der Damentausch verschafft ihm ein wenig Luft – vielleicht kann er sich doch noch ins Remis schummeln. Schließlich ist der hässliche d-Bauer auf d5 mittlerweile abgetauscht worden. Der weißee-Bauer steht zwar auf e7, doch ist er kaum zu halten, falls es Hanns-Rainer schafft, das Ein- und Vernichtungsfeld e6 mittels La6-c8 unter Kontrolle zu halten und dann erst c6-c4 zu ziehen. Aber so bricht nach Te1-e6 mit Angriffen auf La6 und Bauer g6 die Stellung schneller in sich zusammen, als ich einen schottischen Whisky trinken kann. Letztendlich entsteht nach Lc2xf5 ≠ wenigstens noch ein „schönes“ Mattbild, aber es steht nun 1:2.

3. Runde am 05.02.2017 um 14 Uhr 00, Treffpunkt: 13 Uhr 15

An Thomas‘ Partie kann man wieder mal nachvollziehen, dass derjenige, der zuerst die Spannung im Spiel nicht aushalten kann und Spannung aus der Partie nimmt, indem man abtauscht, meist in (positionellen) Nachteil gelangt. Durch d5xe4 Sd2xe4 gefolgt einer kleinen Abtauschorgie, bekommt Thomas die Zeit, mittels a2-a4 auf dem Damenflügel bisl für Stimmung zu sorgen. Nun hätte Schwarz Zeit und Gelegenheit, mittels f7-f6 den leicht nervenden, weil weißen Springer auf e5 von dort zu vertreiben. Wohl aus der Angst heraus, dass für ihn letztendlich eine schlechte Bauernstruktur zurückbleibt, mit einem Isolani auf b5 und einem rückständigen Bauern auf e6, zieht es Schwarz vor, auf b5 abtauschen zu lassen, was aber zur Folge hat, dass Thomas nun die a-Linie die seinige nennen darf. Darauf wohl vertrauend, dass Schwarz aus vorgenannten Gründen nie zu f7-f6 greifen wird, sorgt Thomas mit einem weiteren Bauernvormarsch auf der h-Linie bis nach h5 dort für ein wenig Unruhe. Sich nun zu h7- h6 genötigt, schafft Schwarz so eine erste sichtbare Schwächung in seinem königlichen Schutzwall. Dies hat nun zur Folge, dass die Schachtaktik des Wippenangriffs für Thomas zum Erfolg führt. Schwäche auf der a-Linie beim Gegner herausgekitzelt, auf der h-Linie wieder für eine Schwächung gesorgt, führt es nun dazu, dass der Zusammenbruch der schwarzen Verteidigungsstellung auf der a-Linie herbeigeführt wird. Auch wenn Thomas ein Matt in 8 Zügen übersieht (der Reporter tut dies natürlich nicht, sieht es ihm aber in seiner großmütigen Güte nach), gratuliert der Reporter dem „besten Pferd im (Lengfeld/Schernauischen) Stall“ zu dessen filigranen Fortsetzung ebenjenes Pferdmanövers, das sich doch dann nach einer Ruhepause von 17 Zügen (nach dem wahrlich anstrengenden Galopp von g1 über f3 nach e5) bemüßigt sieht, mittels Se5-d7 mit einer schönen fetten Springergabel gegen die Türme b6 und f8 den entscheidenden Schlag gegen Schwarz zu setzen. Das nach der Abtauschorgie alleinig verbleibende schwarze Ross versucht nur noch einige wenige Züge, gegen den weißen Turm zu retten, was nicht mehr zu retten ist – 2:3.

 

Was Sergey leider nicht schafft, ist eine saubere und nachspielbare Notation (auch wegen der Zeitnot) auf den Zettel zu zaubern. Nach ungefähr 38 verschiedenen durchgespielten Varianten (eindeutig zu viele Varianten) kapituliert der Reporter zum wiederholten Male an der russisch-orthodox angehauchten Notation. Hauptsache gewonnen zum 2:4
Bei Michael zeigt sich in der Zwischenzeit, dass eben jene Konzentrierung der schwarzen Kräfte auf dem Königsflügel Früchte trägt. Und auch, dass es im Schach eine Binsenweisheit ist, Figuren nicht unnötigerweise auf ein Feld zu ziehen, auf dem sie ungeschützt sind, auch wenn sie im Moment des Zuges dort noch sicher wie in Abrahams Schoß scheinen. Aber immer noch wäre die Besetzung d4 durch d3-d4 ein stark vorteilhafter Zug. Stattdessen gibt Sc3-e2 gefolgt von Lf4-e3 (ebenjenes ungeschützte spätere Opfer) die letzte Kontrolle über das Zentrum aus der Hand, was Schwarz sofort durch f7-f5 ausnutzt. Dann noch Le7-h4 mit Angriff gegen den Turm, nachdem der Springer eben durch Sf3-h2 die Kontrolle über h4 aufgibt, und binnen 6 Züge ist das Spielbrett von der Hälfte der Akteure befreit. Michael hat nicht nur die passivere Figurenstellung, einen Bauern weniger, sondern verliert auch über kurz (nicht mal über lang) einen zweiten Bauern, wodurch der schwarze a-Bauer zum Freibauer wird, der unaufhaltsam auf sein Zielfeld a1 zustrebt; unterstützt vom unbezwing- weil unentfernbaren Läufer auf f6. Also steht es nur noch 3:4.

 

Ich zeige mir an diesem Tage selber auf, welche Schwäche die Diagonale a2-g8 für Schwarz darstellen kann, falls man sie nicht selber unter Kontrolle hat. Weiß kontrolliert sie und ich muss meine Dame tauschen. Aber nach dem Damentausch kommt Weiß auch nicht so recht weiter. Die Springer und Läufer versuchen beidseits, durch gewieftes Manövrieren, schwache Felder des Gegners unter Kontrolle zu bringen. Weiß provoziert durch Sf3-g5 mein h7-h6, um dann in einer recht geschlossenen Bauernstrukturstellung seinen Springer gegen meinen Läufer abzutauschen, was ich erfreut annehme. Zumindest sollte jetzt das Remis „sicher“ sein, denn dass Weiß die Bauernstruktur aufbrechen würde, das werde ich zu verhindern wissen. Und was passiert in solch einem gefühlten Freudentaumel? Richtig! Zug zwei vor Zug eins ausgeführt und aus ist es: Te8-d8 nebst Sd6-b5 ist richtig! Sd6-b5 wegen Le6-d7 absolut falsch. Springe nun zukünftig mit einem Springer gegen einen Turm umher und versuche verzweifelt, die Stellung geschlossen zu halten. Doch diese blöden Bauern. Irgendwelche Züge muss ich machen und die können nicht mehr zur Verbesserung meiner Lage beitragen. Und so zieht sich langsam aber sicher die bäuerliche und türmliche Schlinge durch meinen Gegner immer fester um meinen Hals. Ein weißer Fehlgriff ist nicht abzusehen und so wird aus dem schon erhofften und durchaus möglichen Mannschaftssieg „nur“ ein 4:4 – ÄRGERLICH!!!

Schade, dass Herbert jene Fesselung nicht gefunden hat. Fesselung in Verbindung mit herumstehenden ungeschützten Figuren – wahrlich eine tückische Angelegenheit! So beruhigt sich vermeintlich Weiß und zieht (sich) auf die e-Linie zurück?! „Na dann kann ich mal auf der c-Linie Druck machen.“ denkt sich Herbert und übersieht das nächste Abzugsmanöver, diesmal allerdings die Möglichkeiten des Weißen. Le4xg6 ist der „Aufsprengungszug“, der schonungslos aufzeigt, dass der schwarze König mehr oder weniger schutzlos nun den Einschlägen des Weißen gegenüber steht. Nur Sd7-f6 statt Tg8xLg6 verspricht eine Verzögerung des Untergangs mit minimaler Chance auf Erschwindelung eines Remis. Das Eindringen durch Te7 auf der 7. Reihe ist der nächste Sargnagel. Eine klitzekleine Chance bekommt Herbert noch. Die e-Linie durch Turmverdoppelung auf ebenjener würde Weiß das Gewinnen etwas erschweren. Aber Herbert entscheidet sich für Hopp oder Top. Entweder er oder ich, Sieg oder Niederlage, wer setzt wen zuerst matt? Es ist der Gegner, der mittels De8xSf8 und unter Ausnutzung ebenjenes Bauers, der sich vor Urzeiten auf h6 geschlichen hat und somit der endgültige und wahre Sargnagel und Held für Herberts Niederlage ist, dies‘ Spiel beendet zum 2:2.

Gegen Unterdürrbach das wieder aufzuholen, wird wohl mindestens genauso schwer. Aber auch gegen den Absteiger aus der Bezirksliga haben wir unsere Chancen. Zum Glück ist es mittlerweile so, dass wir auch den an hinteren Brettern Punkte erobern, die Mannschaftserfolge realistischer machen. Darauf bauen wir dann auch gegen Unterdürrbach.

Mc Hofi 

 

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