Schach - Kreisliga 2. Spieltag

SG Burggrumbach/Bergtheim (1648) – TSV Lengfeld/Schernau (1277) – 6,5 : 1,5

20.10.2019: „Quod erat expectandum!“

… würde ein Lateiner zu unserem Wettkampf gegen den Kreisligameister 2018 und Absteiger aus der Bezirksliga 2019 sagen. Ich würde mal behaupten, einen größeren DWZ-Unterschied zu Beginn des Wettkampfes hat es in der Kreisliga noch selten gegeben. Und trotz allem hat jeder gekämpft und manch einer unserer Gastgeber geriet ganz schön ins Schwitzen, bis er endlich unseren jeweiligen Verteidigungswall durchbrechen konnte. Aber lest selbst, wie wir uns – man kann fast sagen: Hand in Hand, so kuschlig saßen wir aneinander – in Grummi geschlagen haben.

Michael trifft mit Weiß auf meinen Namensvetter. Und ich kann mich gut erinnern; als ich das erste Mal mich vom meinem Spiel erhebe, um meinen obligatorischen Rundgang mit Fotoschießen zu absolvieren, ist die Partie schon so gut wie rum. Ich zähle nach, zähle nach und zähle nochmals nach. Und muss feststellen, dass meine Rechenkünste noch unbeschädigt sind. Zwei Figuren weniger stehen noch auf Michaels Seite. Und das mit Weiß gegen eine Mischung aus Caro-Kann und Französisch. Waren es jeweils ein Finger- oder doch eher Gedankenfehler? Jedenfalls bewahrheitet sich wieder einmal: Lasset Eure Figuren nie ungedeckt auf dem Brett! Nach c5xd4 und Michaels Sf3xd4 stehen zwei Figuren ungeschützt herum. Eben jener Springer, da Ld3 den dämlichen Schutz (von d1 aus) verhindert und zum anderen Lh4, der durch jenen Springer ursprünglich von f3 aus geschützt war. Ich kann mir wahrlich vorstellen, wie verdutzt Matthias war, als er nach Ld6-e5 Sb1-c3 als Antwort vorfand. Schwupps, da war der Springer weg. Der folgende Figurenverlust war dann auch nicht mehr zu verhindern, denn Ld3 ist zweimal und Lh4 einmal bedroht. Welchen Läufer für tot erklären? Michael möchte den weißfeldrigen behalten und kämpft also noch auf verlorenem Posten weiter.

Peter hat zunächst spielfrei, bis sein Gegner arbeitsbedingt mit ca. 15 Minuten Verspätung seinen ersten Zug ausführen kann. Eine Wiener Partie wird (unbewusst?) gespielt – und das beidseits ohne große Sperenzchen. Warum allerdings Peter im 12. Zug notlos al-a6 zieht, kann ich nicht nachvollziehen. Ich sage es ein allerletztes Mal: a2-a3, h2-h3, a7-a6 und h7-h6 sind grundsätzlich so lange zu unterlassen, so lange nicht eine gegnerische Leichtfigur auf b4, b5, g4 oder g5 auftaucht! Aber noch ist alles gut.

Wie oft ich schon mit Thomas Müller die Klingen gekreuzt habe, kann ich wahrlich nicht sagen. Mit Sicherheit schon im letzten Jahrtausend. Und nie war es einfach. Er gehört wohl zu denen, gegen den ich nicht mindestens eine ausgeglichene Bilanz aufweise. Müsste mal eine Statistik erstellen. Sei‘s drum. Seiner Caro-Kann-Verteidigung begegne ich mit meiner (hoffentlich für ihn unbekannten) Spezialvariante mit f2-f4. Doch derjenige, der letztendlich wirklich überrascht ist, bin ich. Denn nach Lc8-f5 und meinem Se4-g3 entwickelt er seinen Springer mit Sg8-h6. Und jetzt? Jetzt bin ich erstmal draußen und darf grübeln. Zumindest Fritz gibt mir bis zum 11. Zug Recht. Alles sieht gut aus, zumindest nicht schlecht. Dann könnte ich, anstatt zu 0-0, mittels g2-g4 seinen Sf5 vertreiben und mit Ld3xh7+ einen Bauern gewinnen. Kann ich dem Braten trauen? Bekomm ich meinen Läufer wieder heim? Hält meine weit geöffnete Königsstellung etwaigen Gegenangriffen Stand? Bitte bleiben Sie dran! Nach einer kurzen Unterbrechung geht es weiter!

Christian wandelt auf den Spuren Herrn Botwinniks, sehr vorsichtig und ausgiebig überlegend agierend. Reizt quasi bei jedem Zug sein Zeitkontingent auch schon in den ersten Zügen aus. Und der Lohn für solch Beharrlichkeit? Auch ein Gegner mit nahezu 400 DWZ Punkten mehr tut sich da schwer, einen deutlichen Vorteil zu ergattern.

Helmut S. fühlt sich wohl nicht wirklich wohl in seiner Haut- und das von Anfang an. Er lässt sich dazu hinreißen, in der Eröffnung aktive Figuren gegen inaktive Figuren zu tauschen, seine Bauernstruktur auf dem Königsflügel zu schwächen, um den Le5 zu vertreiben, somit Tempo zu verlieren und seinem Gegner in die Karten zu spielen. Ein unrochierter König ist immer ein lohnendes Angriffsobjekt. Und genau das hat Helmuts Gegner im Sinn, als er im 15. Zug Tf8-e8 zieht.

Dass wir überhaupt zu 8 angetreten sind, verdanken wir auch u. a. Hans-Jürgen Burkard, der, obwohl ohne jegliche Spiel- und Trainingspraxis, mithilft, dass wir wenigstens vollzählig sind. Gegen den in Lengfeld wohnenden, aber noch nie in Lengfeld spielenden Dietmar Bördlein steht er von Anfang an auf verlorenem Posten. Das scheint wohl auch in Dietmars Kopf herum zu schwirren. Zwar agiert Hans-Jürgen stets etwas zu passiv, aber nach der Eröffnung ist der Ausgang der Partie noch offen. Weiß kontrolliert mittels Bd5/e4 das Zentrum, die schwarzen Bauern halten mit Bc5, d6 und e5 dagegen. Nur nach der weißen 0-0-0 gilt es Obacht auf dem Königsflügel, deutet sich doch der beginnende Bauernsturm an.

Geärgert wird sich auch Helmut Gorg haben. Nicht nur wieder über die Ungerechtigkeiten dieser Welt sondern vielleicht auch dieses Mal ein wenig über sich selber. Auch Roland Engelstätter wird sich die Augen gerieben haben, mit welcher Verve Helmut agiert. Zum Glück ist sein Spiel besser als seine Mitschrift. Solider Aufbau – grundsätzlich. Seinen heiß geliebten weißfeldrigen Läufer bringt er über Umwege nach a2. Und oh Wunder: Diesmal mutiert dieser dort nicht zum Großwesir sondern erwacht auf b3 zu seinem zweiten Leben. Bis dahin wurde einige Schärfe aus dem Spiel genommen, als es in den Zügen 11 bis 14 zu einem fröhlichen Halali kam, und man sich gegenseitig mit vollstem Respekt die gegnerischen Figuren vom Feld in die Verbannung jagte.

Sergey bekommt es mit Willi Meister zu tun; auch einer meiner Jugendhelden, der schon ewiglich in Burggrumbach aktiv ist. Sergey wird seinen Gegner auch überrascht haben. Ob er noch weiß, wann er das letzte Mal in einer Wettkampfpartie ein angenommenes Damengambit von Schwarz präsentiert bekommen hat? Und Sergey versucht nicht einmal, den Bauern zu halten. Ganz im Gegenteil zu früheren Zeiten steht die Entwicklung im Vordergrund. Vorbildlich geht das sogar von statten. 0-0, die Figuren stehen auf vernünftigen Feldern, eine gesunde Bauernstruktur – alles gut. Nur ein (oder zwei) grobe Fehler können das Spiel aus dem Remishafen kippen.

Quod erat expectandum bewahrheitet sich rasch bei Michael. Schwarz muss nicht einmal rochieren. Dame, Springer und Läufer reichen Herrn Ziegler völlig, binnen weniger Züge Michael dann doch zur Aufgabe zu bewegen. Als Michael letztendlich nur noch ein weiterer Qualitätsverlust bleibt, um das Matt abzuwenden, gibt Michael seine Partie umgehend auf. Solch ein Fauxpas ist uns schon allen widerfahren. Nach 1 Stunde steht es 1:0 für den Gegner.

Noch ist alles gut? Wenig ist noch gut an Peters Stellung, aber spielbar. Aber Quell allen Übels war a7-a6 nach Sc3-d5. Weiß zieht nun Lc1-g5 und fesselt Sf6. Peter befragt den Läufer mit h7-h6. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Wie das halt so ist: Der erste (kleinere) Lapsus verleitet oft dazu, schnell seine Ungenauigkeit wieder ausmerzen zu wollen, anstatt in Ruhe nach besseren Alternativen zu suchen. Diese wäre in diesem Fall Le6xSd5 gewesen. Aber nach h7-h6 folgt Sd5xSf6+ g7xSf6 nebst Lg5xh6. Schöner Mehrbauer und die aufgerissene Königsstellung sprechen eindeutig für Weiß. Aber dass es dann so schnell geht? Weiß deckt nach Peters Kg8-h7 (statt f6-f5) seinen Lh6 mittels Dd1-h5. Und Peter? Findet den einzigen Zug, der sofortiges Matt bedeutet – Dd8-g8. Grummi führt 2:0.

Sind Sie wieder im Bilde? Soll ich g2-g4 riskieren? 0-0 hingegen bedeutet, dass Schwarz zu g7-g6 greifen muss. Einen Doppelbauer bekommt er nach Ld3xSf5. Für mich ausreichende Gründe, das riskante Manöver nicht zu manövrieren. Stattdessen ist der Plan, den König auf die 2. Reihe zu bugsieren, um dann auf der h-Linie für Wallung zu sorgen. Aber nachdem wir unsere Springer jeweils auf e4 und e5 verankern, einigen wir uns auf Remis. Eine typische Stellung, die nur zu verlieren ist, falls man sie zu gewinnen versucht – 2 ½:1 ½.

Christian behält seinen vorsichtigen Stil bei. Er hat die erste Aufgabe für Schwarz bravourös gemeistert und seine Stellung zum Ausgleich gebracht. Alle Figuren (und Steine!) sind geschützt, eine gesunde Bauernstruktur, eine solide Königsstellung. Da muss Weiß erstmal einen Plan finden, der einen Gewinnweg verspricht. Und sich das anzutun, verspürt er wohl auch keine rechte Lust und nimmt Christians Remisangebot an. Ob die Bauernwalze e4, f4 und g4 den Durchbruch geschafft hätte, ist mehr als fraglich, das Remis – wenn auch bereits nach 15 Zügen, aber immerhin knapp 2 Stunden Spielzeit – gerechtfertigt – 3:1.

Helmut S. muss seiner anfänglichen Ziellosigkeit im Aufbau Tribut zollen. Eine bedenkenswerte Idee, den ekligen Turm auf e8 mittels Lf1-b5 zu befragen. Aber keine so gute, denn es folgt einfach Te8xe3+. Schon ist das Dilemma nicht mehr zu halten. Nach 0-0 wird Helmuts weißfeldriger Läufer Opfer der Umstände bzw. umstehenden Bauern, die ihn nach a7-a6 Lb5-d3 mittels c5-c4 einfangen. Aus dem Kessel kann er sich bestenfalls noch mit Ld3xh7+ möglichst teuer verkaufen, doch dann geht es ganz schnell. Ohne dass brauchbare Notationen vorliegen, muss wieder das Foto herhalten. 2 Minusfiguren und 2 Minusbauern sind nur noch dazu da, dem Gegner zu gratulieren – 4:1.

Leider leidet bei Hans-Jürgen auch wieder die Mitschriftqualität und so kann nur noch ein Foto kurz vor Partieende dazu verhelfen, den Verlauf abzuschätzen. Der weiße Bauerndurchbruch ist gelungen. Ein Bauer steht auf g7. Die aktivste schwarze Figur ist dessen König, der auf der 6. Reihe sein Heil in der Flucht sucht, während die verbliebenen Figuren allesamt auf der 8. Reihe den Monarchen im Stich lassen. Das Matt ist nicht zu verhindern – 5:1

Seit dem Abtauschgewusel in den Zügen 11 bis 14 bewegt sich Helmuts Partie eindeutig im Remisbereich. Je eine Dame, Turm und Läufer, der eine auf den weißen, der andere auf den schwarzen Feldern, zur eigenen Farbe passend. Auch die Bauernanzahl ist identisch – 6 gegen 6 (und nicht Vier gegen Willi!). Würde da Remis angeboten werden, würde es wohl angenommen werden. Aber Helmut packt der Ehrgeiz. Oder überschätzt er die Stellung? Mit den Bauern nach f4 und g4 rennend will er auf dem Königsflügel für Unruhe sorgen. Tut er auch, aber im eigenen Königshof. Der schwarzfeldrige Läufer auf d4 hat nichts weiter zu unternehmen, als da sitzen zu bleiben. Ist also kein Läufer mehr, sondern ein Sitzer! Und das inkognito! Dann wird auch noch nach f4-f5 die g-Linie für die schwarze Dame geöffnet – Dd8-g5+. Und plötzlich gehen weiße Bauern über den Jordan. Erst eins, dann zwei, zum Glück nicht mehr. Aber aus einer soliden Remispartie wird durch Überschätzung schnurstracks eine Verlustpartie – 6:1.

Weder Sergey noch sein Gegner wollen ein großes Risiko eingehen. Allerdings untypisch für geschlossene Eröffnungen wird auf dem Damenflügel Tabularasa gemacht. Auf dem Feld c5 werden nacheinander und wechselweise Bauern, Springer und zu guter Letzt die Damen geköpft. Gefährliches Terrain also – c5. Und danach? Warten alle Mitspieler und Gegner, dass Sergey eines der Remisangebote seines Gegners irgendwann annimmt. Sowas von remislich, die Stellung. Jeweils 5 Bauern stehen sich achsensymmetrisch auf den 2./7. bzw. 3./6. Reihe gegenüber, ebenso noch je ein edles Ross, ein Läufer mit viel Raum und zwei Türme, noch hinter den eigenen Reihen verborgen. Doch Sergey hat Lust am genauen und variantenreichen Spiel, weniger an genauer Notation. Es ist ein angenehm warmer Herbsttag und alle wollen nach Hause. Der Wettkampf ist entschieden, man könnte noch einen Spaziergang machen, was manch einer auch draußen mal kurz macht. Andere schnappen frische Luft und inhalieren dabei Tabak. Was man halt an solch einem schönen Herbsttag machen kann. Uns Sergey? Knobelt weiter. Der 40. Zug ist noch lang nicht erreicht. Zeitnot diesmal überschaubar. Also warum nicht noch ein wenig spielen? Bis mir irgendwann der Geduldsfaden reißt, was Sergey wohl spürt. Er bietet seinem Gegner Remis mit dem 42. Zug an. Jetzt ist es an Willi, kurz zu überlegen, hat sich doch die Waage leicht auf seine Seite geneigt. Aber nach kurzer Überlegung ist der Wettkampf beendet – 6 ½:1 ½ für den Favoriten, auch wenn solch eine hohe Niederlage nicht zu erwarten war.

Dieser Wettkampf war bestimmt nicht ausschlaggebend im Hinblick auf den Klassenerhalt. Der nächste gegen Zellingen/Erlabrunn, der könnte es werden.

Mc Hofi

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