Schach - Kreisliga 7. Spieltag

TSV Lengfeld/Schernau (1353) – ESV Gemünden (1530) – 2,5 : 5,5

1.3.2020: Der Sarg ist zu!

Wir haben es nicht anders verdient. Beim wichtigsten Spiel der Spielzeit fehlt ein Spieler, der den Termin einfach versemmelt hat! Was zur Folge hat, dass Peter in die erste Mannschaft aufrücken und die zweite nur zu dritt antreten kann. Meines Erachtens hat Sergey damit das Spielrecht für mindestens eines der noch offenen Spiele verspielt. Nichts gegen Peter, aber ich denke auch an Heiko, Andreas und auch Helmut Gorg, die durch seine Anwesenheit wohl bessere Chancen gehabt hätten, ein gutes Ergebnis zu holen. Denn wir mussten gewinnen, sollte noch eine realistische Chance auf den Klassenerhalt bestehen bleiben.

Andy will immer gewinnen, so was komisches aber auch. Egal, ob Weiß oder Schwarz spielend. Allerdings ist für einen erfolgreichen Angriff auch mit entscheidend, den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Nicht zu spät, aber auch nicht zu früh. Stellt sich die Frage, wann ist es zu spät, wann ist es zu früh? Blöd, dass man das meistens erst hinterher merkt. Aber vielleicht gibt es ja doch einige Aspekte, die man berücksichtigen kann. Zu spät: Kann ich noch angreifen oder muss ich mich schon des Gegners Attacken erwehren? Ziehe ich wahlund/ oder ziellos mit meinen Figuren umher, weil mir nix Besseres einfällt? Habe ich es dem Gegner leicht gemacht, seine Schwächen auszumerzen? Zu früh: Mit wie vielen Figuren starte ich meine Offensive? Mein König ist noch nicht in Sicherheit. Ein Großteil meiner Figuren steht noch im Stall oder ist ungeschützt. Ich ignoriere die gegnerischen Bemühungen, selber einen Angriff zu starten. Ich tausche meine aktiven Figuren gegen die gegnerischen passiven Figuren ab. Keine Gewähr für Vollständigkeit der Aufzählungen. Irgendeines davon jedenfalls ist an diesem Tag Andys Malheur. A la Petrosjan verteidigt er sich mit Schwarz und macht das echt geschickt. Woran merkt man nun, dass er gewinnen will? Er geht dem (von Weiß!) angebotenen Damentausch (Db4xDb3, a2xDb3) aus dem Weg. Es wäre wohl nicht bei diesem Abtausch geblieben. Se4xSc3, b2xSc3 Lb7xSf3, g2xLf3 und Weiß hätte die wesentlich schlechtere Bauernstruktur (7 Bauern auf den b – f-Linien und einen auf h2) gegenüber Andys unversehrter Bauernkette (8 Bauern auf 8 Linien) aufgewiesen. Dann noch einen Springer gegen einen Läufer. Auf Dauer wohl vorteilhaft für Andy, trotz oder wegen der unversehrten 4 Türme.

Genauso lange wie jetzt an der Antwort auf die Frage, wie ich am besten meine eigene Spielberichtserstattung beginne, überlege ich an meinem ersten Zug auf des Weißen Eröffnungszug e2-e4. Ich kenne meinen Gegner in keinster Weise. Will ich mittels Französisch erstmal in ruhigeres Fahrwasser oder mittels e7-e5 in die offene Schachwelt eintauchen. Ggf. ins Spanische? Sehr gerne! Oder Italienische? Nicht ganz so gerne, aber auch in Ordnung. Königsgambit? Oh lala. Aber wir müssen heute gewinnen. Also e7-e5. Darauf folgend. Lf1-c4 Sg8-f6. Mündet irgendwann ins italienische. Beide vorsichtig. Abwartezüge einstreuend. Weiß ist der erste mit a2-a3 im 4. Zug bzw. h2-h3 im 10. Zug. Und ich? Erwidere, ich geb’s zu, jeweils mit dem Achsenspiegelungszug. Zwischendurch streut er nach meinem Lf8-c5 Lc1-e3 ein. Und ich darf mir überlegen, was er damit bezweckt. Er nimmt bewusst einen Doppelbauer in Kauf, wohl um dann d3-d4-d5 durchdrücken zu können. Gefällt mir das? Kann ich das unterbinden? Beide Male lautet die Antwort „Nein“. Also Dd8-e7, um dann doch nach Sb1-c3 auf e3 die Läufer zu tauschen. Auf d5 erfolgt der nächste Rittertausch und Weiß verfügt über einen etwas nervenden Stachel Bd5. Der via c7-c6xd5 aufgelöst wird. Ich biete ihm einen Läufertausch auf e6 an. Aber nein, er will unbedingt auf d5 einen Bauern verankern. Also nach Lc8-e6 c2-c4. Obacht ist geboten. Der weiße Anzugsvorteil könnte sich noch bemerkbar machen – auf der dann offenen c-Linie.

Herbert darf an diesem Tag feststellen, dass man auch auf den Umstand vorbereitet sein sollte, falls der Gegner ein Gambit annimmt. Und dann auch noch das Damengambit. Herbert, gib es zu. Darauf warst Du in keinster Weise vorbereitet! Merkt man spätestens an f2-f3. Da hätte aktiver e4-e5 erfolgen können. Aber Herbert ist in solchen Konstellationen so ziemlich das Gegenteil von Andy. Er hätte e4-e5 gezogen. Herbert ist und bleibt aber Polizist, auch wenn er aktuell ein Schutzmann a. D. ist. Ungern lässt sich Herbert auf des Schwarzen offensives Spiel ein. F2-f3 ermöglicht Schwarz – auf Grund Herberts ü-ü - Lb4-c5 mit zwanghaftem Läufertausch auf e3. Schwarz agiert im Zweifelsfall immer aktiv. Kann seinen Springer auf d4 positionieren. Ob Herbert da ein Schlupfloch bei Schwarz kreieren können wird?

Sebastian entwickelt sich immer besser. Zwar ärgert er sich immer noch (verständlicherweise), falls er eine Partie durch Kleinigkeiten verliert. Sozusagen ärgert er sich darüber, dass es elbst in der Kreisliga ausreichend ist, falls man irgendwelche taktischen Fehlentscheidungen getroffen hat, die sich dann irgendwann in fernster Zukunft (z. B. im 4. Zeitalter) auswirken. Z. B. den falschen gegnerischen Läufer getauscht. Ungleichfarbige Läufer bedeuten Remis, gleichfarbige eher weniger. Oder Läufer statt Springer behalten und das in einem verschachtelten Bauernendspiel. Aber all diese Faktoren sollten in seiner heutigen Partie nicht zum Tragen kommen. Auch nicht, dass er gegen einen nominell viel stärkeren Gegner anzutreten hatte. Ich bin mir sicher: Sebastian wird in den kommenden 2-3 Jahren deutliche DWZ-Sprünge (nach oben wohlgemerkt! J) erreichen. In diesem Spiel hat er eine kleine Chance dazu verpasst, auch wenn in der (selbst provozierten) französischen Abtauschvariante sich solide entwickelt. Nur dann kommt im 12. Zug eben eine taktische Fragestellung auf ihn zu. D5xc4 nach Sebastians c2-c4 folgt Ld3xe4 nebst Sd7-b6. Da kann man jetzt rechnen oder überlegen. Überlegen: Will ich meinen weißfeldrigen Läufer jetzt schon tauschen gegen einen Springer, der mir auf b6 gar nicht weh tut? Gut, der könnte sich auf d5 breit machen. Oder will ich meinen Läufer auf den Diagonalen a2-g8 bzw. b1-h7 spielen lassen. Oder folgende Überlegung. Während der Trainerausbildung war der d4-Bauer als Isolani ein Thema. Wie lautete der Spruch damals? Gute Spieler gewinnen mit einem Isolani, schlechte verlieren eher, Mal sehen, wofür sich Sebastian entscheiden wird.

Kommen wir zum Glanzstück des heutigen Tages. Also, was da Michael und Meister Ruppert geboten haben, einfach unglaublich. Unabhängig davon, dass mind. 10 Minuten ins Land streichen, ehe man ansatzweise die Partie komplett nachgespielt hat. Ein offizieller Schiedsrichter hätte wohl beide Protagonisten in ein Nebenzimmer gebeten, um hin und wieder eine beidseits korrekte und vollständige Notation zu erstellen. Hätte die Partie auf Grund von Dissonanzen nachgespielt werden müssen, z. B. weil einer von beiden die tatsächlich erfolgte dreimalige Stellungswiederholung angemahnt hätte, wäre es lustig geworden. Bis sich beide auf die korrekte Zugabfolge geeinigt hätten. Es wird einfach nicht sauber mitgeschrieben, v.a. wenn 2 gleichartige Figuren auf ein bestimmtes Feld ziehen können. Also es wurde schon festgestellt, dass dreimalige Stellungswiederholung nicht moniert wird. Außerdem ist bemerkenswert, dass Kollege Fritz bzgl. Stellungsbewertungen zw. +11, 08 und -7,01 für Schwarz schwankt. Wohlgemerkt in ein und derselben Partie. Caro-Kann übrigens in der Flohr-Variante, in der Michael, nimmt man es genau, nicht wirklich Land sieht. Michaels Stellung krankt einfach auch an dem unentwickelten Damenflügel. Eigentlich spielt man ja Caro-Kann, damit der weißfeldrige schwarze Läufer relativ rasch das Licht des Lebens erblickt. Aber es dauert sage und schreibe 27 Züge, bis Michaels Lc8-b7 erfolgt, nur um sofort wieder nach c5-c6 nach c8 heimzukehren.

So sehr sich Michaels Gegner wahrscheinlich in seinen Hintern gebissen hat, so sehr tut es Peter ihm gleich. Und zwar nicht nur stunden- sondern tage-, wochen-, falls nicht sogar monatelang! 42 Züge lang wirklich gut gespielt, mitunter sogar sehr gut. Leider im Feuereifer der Siegesvorfreude in entscheidenden Momenten „nur“ gut. Aber Peter ist einfach auch noch nicht soweit, dass er jene Manöver entdeckt, die dem Gegner in den entscheidenden Momenten nicht den Hauch einer Chance, weil gar kein Luftloch lassen. Aber dazu später mehr. In einer spanisch geführten Partie erlangt Peter rasch messbaren Vorteil in Form eines Mehrbauers, da sein Gegner den richtigen Antwortzug nach Sf3xe5, Dd8-d4, wohl (noch) nicht kennt. Ein zweiter soll einige Züge später folgen, als Schwarz es vorzieht, seinen König mittels 0-0-0 in Sicherheit zu bringen und so Bc5 seinem Schicksal Te5xc5 überlässt. Anschließend geht Peter kein Risiko ein, entwickelt sogar hinterlistige Pläne, die auch noch aufgehen. Sein Zusammenspiel von Le5, Tc5 nebst Sa4-b6 - mit Gardé gegen Dd7 und Tc8 - gewinnt eine Turm- gegen Springerqualität, da c7xSb6 wegen Lf4-Kb8 nicht gestattet ist. Das wird Peter gewinnen, denkt sich – nicht nur – der neutrale Beobachter.

Durch Sergeys Nichterscheinen ist natürlich die ganze Aufstellung über den Kopf geworfen worden. So muss Helmut Gorg doch mit Schwarz antreten, was ihm ja nicht wirklich so schmeckt. Eigentlich müsste er sich da ganz wohl fühlen, spielt er doch quasi gegen sich selber italienisch. Nur, ich spiel z. B. nicht wirklich gern gegen mich selber. Vielleicht kommt es daher, dass Helmut überdurchschnittlich viel Zeit verbraucht. Und das, obwohl nicht wirklich Gefahr bei seinem umsichtigen Spiel droht.

Ich bleibe dabei: Heiko ist einer unserer kreativsten Spieler, wenn nicht sogar der kreativste. Das soll auch sein Gegner an diesem Tage merken, der sich wohl nicht nur einmal die Frage gestellt haben dürfte, was ihm da vorgesetzt worden ist. Falls er noch sowas wie ein Schachbuch zu Hause hat, war wohl das erste, was er nach seiner Heimkehr getan haben dürfte, das gewesen sein, in seinen sämtlichen Schachbüchern nachzuguggen nach der ihm da vorgesetzten Eröffnung. Meine Meinung nach eine Mischung aus Orang-Utan und Königsindisch. Und nach 15 Zügen alles trotz allem sehr ausgeglichen. Alle Bauern noch vorhanden, zwei unrochierte Könige, was auch auf Dauer so bleiben sollte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Heikos Gegner sich wirklich wohlgefühlt hat. Siegchancen hat er sich nicht ausgerechnet. Auf Fehler Heikos spekulieren? Wohl auch nicht.Andy unterlässt den Damentausch, tauscht aber die erwähnten Leichtfiguren ab, um nach g2xLf3 das verlockende Schach Db5-g5+ bieten zu können. Sieht manierlich aus, aber nun sollte schleunigst die 8. Reihe in Ordnung bringen. 0-0 z. B.. Oder auch Sb8-a6. Aber so nimmt das Unheil seinen Lauf: Der weitere Damenritt aus des Rasiermessers Schneide nach h4 offenbart das Dilemma nicht nur der 8. Reihe sondern auch des dämlichen Flügels. C4-c5 ist der erste Nadelstich. 0-0 wäre immer noch schnell genug. Aber nach Andys b6-b5 ist a2-a4 das Feuer, das Andys Stein zunichte macht. Aragorn (Dh4) und Legolas (Ta8) können – v. a. nach b5xa4 – Db3-b7 mit Turmgewinn nicht verhindern. Andy hat die Qual der Wahl: Einen langsamen qualvollen Tod auf dem Damenflügel sterben, indem sich auch die Dame nach dem blutigen Rasiermesserausritt (Auf der Schneide konnte keine Nonne mehr reiten! J) den Angreifern in den Weg wirft, oder einen heroischen, weil einen letzten Angriff gegen den König startend. Doch das schlägt einfach fehl. Da hätte es zwei bis drei Züge am Stück gebraucht, um das erfolgreich zu gestalten. So steht es 0:1

Die Spannung im Zentrum halten wir beide aufrecht. Beide Läufer bleiben standhaft auf e6 und d5. Doch wir müssen ja gewinnen. Also entscheide ich mich einige Züge später doch zu Le6xLd5. Seine Antwort? E4xLd5 würde mir sehr entgegen kommen, wäre dann doch später f7-f5 nebst nach einem evtl. d3-d4 e5-e4 möglich. Aber leider entscheidet er sich für das solidere c4xLd5. Hat zur Folge, dass ich auf meinen d6-Bauern Obacht geben sollte. Nicht dass irgendwann die Bauern e5 und d6 gegen die weißen d4-, d5- und e4-Bauern unterlegen sind. Aber f7-f6 stabilisiert das Zentrum. Das Geschehen verlagert sich auf die offene c-Linie. Aber nachdem alle Türme sich auf c3 eliminieren einigen wir uns in einer sowas von ausgeglichenen Stellung auf Remis zum ½ : 1½.

Das gewünschte Schlupfloch kreiert Herberts Gegner selber. Und das völlig ohne Not. Warum auch immer. Mir als neutralem (?) Betrachter erschließt sich die Idee und/oder der Sinn des Zuges g7-g6 in keinster Weise. Sorgt er doch dafür, dass Sf6 schutzlos ist und Herberts Dame gen h6 blicken kann. Es dauert etwas, bis Herbert die Zeit für den Angriff gen Sf6 durch Df2-b2 gekommen sieht. Schwarz unterschätzt die Wirkung und antwortet mittels Tf8-d8 mit Angriff gegen Herberts weißfeldrigen Ld3. Was für eine Einladung! Noch ein beidseitiger Zwischenzug. Türme werden auf c1 und c8 sich Aug-in-Aug positioniert. „Los, Herbert! Das ist die Chance!“ Türme auf c8 tauschen und dann Db2xSf6 Td8xLd3 nebst Se3-g4 mit gar fürchterlichen Drohungen auf h6 (Schach) oder f6. Verlieren wirst Du das nicht mehr. Aber da kommt wieder der Herbert in Herbert durch. Ich plädiere ab sofort für folgendes. Man bildet bei 8-er Mannschaften jeweils 4 Pärchen. Die dürfen untereinander jeden zweiten Zug übernehmen. So wäre in diesem Fall wieder ein Andy von Vorteil gewesen, der nie und nimmer da Remis angeboten bzw. angenommen hätte. Er hätte das ausprobiert gemäß dem Motto: Eine remise Partie ist auch noch in 10 Zügen Remis. Aber so hat Herberts Schutzmannseele obsiegt. Nach Ld3-b1 steht es 1:2.

Sebastian hat nicht überlegt. Sebastian hat gerechnet. Nur wie weit, ist die Frage. Also klar ist dadurch, dass er gerechnet hat, dass er seinen Läufer nicht behalten will. Und auch nicht tut. Er rechnet also: Dd1-b3 Sb6xLc4, Db3xSc4 Lc8-e6, Te1xLe6 (ja Hui aber auch! Wer hätte das von uns durchgerechnet?) f7xTe6, Dc3xe6+ Kg8-h7. Aber wie dann weiter? Jetzt kommt Sf3-e5. Stark! Nur wie jetzt weiter nach Dd8-d5? Das ist das Problem. Wohl unser aller Problem. Wir haben eine gute Idee, aber das genaue Durchrechnen scheitert dann am entscheidenden Punkt. Die Kunst ist es, mindestens 1 Zug weiter zu denken als der Gegner. 1 guten Zug natürlich auch noch. Sebastian kalkuliert neu, holt sein 2 Ross nach f3, seinen Turm nach e1. Sehr gut. Seine Streitmacht steht. Dg6, Te1, Sf3, Se5, Lh4 gegen Dd8, Te8, Tf8, Le7 und Sf6. Und so paar komischen Bauern auf g7 und h6 vor Kg8. Jetzt macht sich wohl die Kombination aus Psychologie und (noch mangelnder?!) Routine bemerkbar. Sebastian denkt sich wohl: „Ich spiel gegen einen gut 200 Punkte besseren Spieler. Ich habe zwar geopfert, aber so schlecht sieht das gar nicht aus. Ich könnte ja Remis anbieten. Mannschaftsmäßig sieht’s auch entsprechend gut aus. Bevor ich das wieder im Endspiel versemmel, biete ich Remis an!“ Gedacht, getan. Dabei wäre nach Dg6-e6+ bzw. Kg8-h7 mittels Se5-g6 noch eine Menge Dampf im Kessel gewesen. Aber ob man heil durch den Dampf gekommen wäre? Die Verrechnungsgefahr war wieder evident groß. Es steht 1 ½ : 2 ½.

Michael versucht also mehr oder weniger verzweifelt, Gegenspiel zu erlangen, Raum zu erlangen. Man könnte auch sagen: er braucht dringendst eine Sauerstoffmaske, evtl. auch eine solche –flasche, wenn nicht sogar ein Sauerstoffzelt mit 100% reinem Sauerstoff. So eingeschnürt ist er. D4, c5 und b5 stellen die weiße Vorhut dar. B6, a7, Lc8 und Ta8 verharren regungslos bzw. wie paralysiert auf Michaels Grund und Boden. Auf e5 nistet ein fetter weißer Springer, die weißen Türme auf e1 und a1 stehen da, wo sie stehen  müssen und Ld3 wirkt wie ein Stardirigent am Pult der Wiener Philharmoniker. Dann noch die Turmverdoppelung auf der a-Linie. Ein Paukenschlag, dessen Vibrationen die kümmerlichen Überreste Michaelscher Verteidigungslinien in sich zusammen brechen lässt wie der Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. Pompejis Mauern. Ein letzter Verzweiflungsversuch Michaels: a7-a6 folgt b5xa6. Warum Weiß allerdings nach b6-b5 nicht mittels Lc4xb5 den letzten Hammerschlag vollzieht (hätte bedeutet: Ta1, a3, Lb5, Se5, Bc6 und a6 gegen Ta8, f8, Lc8, Se4, e7, Be6 - einfach mal aufbauen und wirken lassen), ist Fritz unerklärlich. Stattdessen Lc4-d3 und Michaels Se4-d6 lassen noch leichte Schwindelchancen zu. Gemäß dem Motto: Totgesagte leben länger startet Michael sogar jetzt noch auf der h-Linie ein  Offensivchen. H5 und g4 sind deren Vorposten, bevor sich Michael doch wieder seinem Damenflügel zuwenden darf. Also fliegen wird dieser Flügel nicht mehr. Zerfetzt und durchlöchert hilft nur noch eine Amputation. Michael kann noch, was sich später als Lebensverlängerung darstellt, die h-Linie öffnen. Mit seinen letzten marschtauglichen Offizieren agiert Michael im Zentrum. Doch Weiß fühlt sich so überlegen, dass er Michaels Sc4-e3+ Te1xSe3 nebst Sd5xTe3+ folgen lässt. Die Pointe ist, dass nach wiederholten Springerschachgeboten Michaels (mit dreifacher Stellungswiederholung; allerdings war das bei den Notationen nicht wirklich nachzuvollziehen!) irgendwann Weiß zu Sd5-c7 kommt. Michaels Ruinenturm auf a8 blickt starr und regungslos seinem Schicksal entgegen, so als hätte ihn Medusa mit ihren Augen zu Stein erstarren lassen. Nicht einen einzigen Zug durfte er bis zu jenem Moment auch nur gedanklich in der Schussscharte fassen. Sein Schicksal ist auf Grund Ba7, Sc7 und d7 nebst schwarzen Lc8 besiegelt. Michael kapituliert. Eine letzte Finte, ein letztes Fintchen, ein Bluff hoch drei. Th8-h3 droht tatsächlich Th3xg3+ mit womöglich weiteren gar garstigen Schachgeboten durch Zusammenspiel von Turm und Springer. Weiß bekommt wohl Muffe. Lb1-a2+. Michaels König flüchtet nach g7. Nun kann sich der weiße König dem Schutze seines Bg3 zuwenden. Der Ta8 läuft ja nicht weg! Und? Wer von Euch hat mitgedacht? Wo ist des Weißen Gedankenfehler? Richtig! Ta8xa7 ist möglich! Und auf einmal verfügt Michael nicht nur über mehr Material sondern auch noch über offene Linien. Wie weitsichtig J sich nun doch der Verzweiflungsangriff der g- und h-Bauern erweist! Weiß versucht mittels Schachgeboten noch ein Tempo heraus zu spielen. Verjagt und zwingt Michaels Turm auch noch zu seinem Glück. Th3-h2+ folgt auf Se5-g4. Weiß registriert, dass ein La2 nun verloren geht. Also muss er den nervigen schwarzen Springer auf e3 fressen. Doch Michaels Ruinenturm, der 54 Züge lang nichts Besseres zu tun hatte, als nicht vom Brett zu fallen, dann seinen meterdick auf ihn liegenden Staub mittels Ta8xa7 abschütteln kann, stolziert nun à la Baron von Münchhausen wie ein Pfau vorwärts. Wird er auf dem rechten Feld innehalten? Er passiert a6, er passiert a5, auch noch a4. Wird er La2 aus dem Weg räumen? Nein, er tut es nicht. Ta7-a3 bedeutet Matt! Unglaublich aber wahr. Das kommt davon, wenn man einfach nicht aufgibt. 2 ½ : 2 ½.

V. a. nachdem Peter auch noch taktisch korrekte Überlegungen anstrengt und umsetzt wird das Öffnen der a-Linie nach 0-0-0 der Todesstoß für Schwarz werden. Der König kann nur auf die kümmerliche halb gegarte Hilfe seines Sd7 hoffen. De6 und Ld5 nehmen nicht so wirklich Anteil am Schicksal des eigenen Königs. Ta3-a6 ist der Anfang einer vierzügigen Mattkombination. Doch Peter findet nur den ersten der vier Züge. So jagt er den schwarzen Monarchen vom Damen- auf den Königsflügel bis zum spielentscheidenden 43. Zug. Die Ursache für den Fehlgriff ist menschlich. Der Ärger auf sich selber, das man diese blöde Partie nicht schon längst gewonnen hat, die wachsende Verzweiflung, keine Ideen mehr zu finden usw. Und dann offenbart sich der Damengewinn! Ta8-e8 mit Gardé gegen De7 und Spießschach gegen Ke6. Sf6xTe8 geht nicht wegen Peters Dg6. Um dann aschfahl mit ansehen zu müssen, dass der soeben noch nach Sauerstoff japsende Gegner, der schon viermal hätte aufgeben müssen, seinen Körper aufrichtet, nochmals auf’s Brett stiert, um dann De7xTe8 umzusetzen. Aus und vorbei. Alles weg. Der Sieg ist weg. Jetzt hilft auch kein Umherwandern mehr. Verständlich aber nutzlos. Durchschnaufen, versuchen, Remis zu halten. Die Damen sind noch auf dem Brett. Der Ärger ist noch nicht verraucht. Klare Gedanken sind nicht mehr zu fassen. Und so kommt, was kommen muss. Schwarz macht wieder einen gravierenden Fehler. Zieht De8-g6. G2-g4+ und Schwarz gibt wirklich auf. Denn Kf5-e6 muss folgen und die schwarze Dame fällt nach Dh6xDg6. Aber Peter ist völlig durch den Wind, sieht nur noch, dass er ums Remis kämpfen muss. So wandert seine Dame übers Feld, stets darauf bedacht, sich dem gegnerischen Springer nicht durch eine Gabel zum Fraße vorzuwerfen. G2-g4+ erfolgt zwei Züge zu spät. So sind Bauernverlust nebst Springer-/Läufertausch nicht zu vermeiden. Es kommt zum traurigen Finale. Schwarz führt seine Dame und Ld5 spielerische zusammen. Peter sieht sich zum Damentausch genötigt und gibt völlig entnervt auf zum 2 ½ : 3 ½.

Helmut hat die Ruhe weg; seine Mitspieler dagegen weniger. Stoisch sitzt er auf seinem Platz und überlegt. Steht nicht auf, um mal auf’s Klo zu gehen oder was zu trinken. So könnte er dann mal „zufällig“ einen Blick auf die Uhr werfen, die ihm, anzeigt, dass er für 15 Züge schon fast 70 Minuten verbraucht hat. Falls das so weiter geht, wird das eng. Und es geht so weiter. Immer weiter. In einer Partie, in der es für Schwarz kaum Gefahren gibt, erlaubt er es sich sogar, mittels f7-f6 und g7-g5 auf dem Königsflügel trotz eigener 0-0 anzugreifen. Die Zeit rennt weiter. Plötzlich merkt Helmut, dass er doch etwas zu mutig war?! Lb3xd5 kostet Helmut die Tf7-Qualität auf Grund Kg8. Da bringt auch der Zwischenangriff auf die Dame nichts mehr. Wir umkreisen nahezu alle Helmut. Und der ist völlig in die Partie vertieft. Jetzt muss er noch genauer rechnen. Er rechnet, rechnet, grübelt und überlegt, bis sein Gegner die Zeit reklamiert. Helmut schrickt auf. Er hat es wirklich nicht mitbekommen. So wird aus dem noch möglichen Remis dann doch das 2 ½ . 4 ½.

Fortsetzung. Immer die Spannung aufrecht halten. Bis ihm der Gegner trotz Mehrbauers im 23. Zug Remis anbietet, was er form- und fristgerecht mir zuträgt. Schwierig für mich, da in dem Moment noch von Michaels und Helmuts Niederlagen bzw. Peters Sieg auszugehen ist. Sebastians Stellung ist mehr als unklar. Andys verloren. Wir brauchen einen Sieg. Heiko da die Bürde und den Druck des Weiterspielens aufzuerlegen? Hätte ich vielleicht nicht machen sollen. Da gibt es routiniertere und erfahrenere Kandidaten. Aber es ist geschehen. So muss Heiko weiter ran. Und er kämpft vorbildlich. Da noch mal einen Haken einstreuen, da eine Gerade, wie Boxer es eben tun. Bis er den Bogen leider überspannt und auf einmal neben dem schwarzen Bc4 auf b4 eine ebensolche Unterstützung auftaucht. Heiko wählt die Hopp-oder-Top-Variante. Turmgabe gegen Springer und Bauern. In der Hoffnung, das Sc4-d6+ noch ein Unheilstifter für Schwarz darstellen kann. Tut es aber nicht. Damentausch erfolgt. Zeit wird knapp. So bleiben als Resultat der materielle Rückstand und ein schwarzer Freibauer auf b4. An Hand der Notation lässt sich nicht mehr das wirkliche Ende der Partie darstellen, doch endet der Wettkampf letztendlich mit 2 ½ : 5 ½.

Damit dürfte unser Abstieg in die A-Klasse besiegelt sein. Egal, was der weitere Verlauf der Saison mit sich bringt, falls es noch einen gibt, was ich bezweifle. Was auch immer dann vom Schachbund bzw. Schachverband entschieden wird; vielleicht sollten wir eine Klasse niedriger nächste Spielzeit spielen. Vielleicht können wir uns dann bisl mehr Selbstvertrauen holen, wenn wir dann doch den ein oder anderen persönlichen und Mannschaftssieg erspielen können. Aber sowas, dass ein Spieler den Spieltermin vergisst, das darf nicht mehr vorkommen. Und solche Fehler in der Masse. Zeit nicht beachtet, Zeit nicht ausgenutzt usw. Und ich werde mir als Mannschaftsführer genauer überlegen, wem ich das Remis „gestatte“ und wem ich die Verantwortung des Weiterspielens aufbürden werde.

Bleibt gesund!

Mc Hofi

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